Neue Dimension Ihrer Prozesse dank OutSystems Workflow Builder und Case Management
- Posted by Marius Neumann
- On 11. November 2020
Der neue Workflow Builder ist da! – Endlich können Business User selbst Prozesse modellieren und ausführen lassen.
Um zu verstehen, warum OutSystems dieses neue Werkzeug aus der Taufe gehoben hat, dem empfehle ich, die Motivation dahinter kennenzulernen.
Wissen Sie wie Prozessentwicklung bisher in OutSystems stattgefunden hat?
Wer sich schon einmal mit der Entwicklung von Low-Code-Applikationen in OutSystems beschäftigt hat, weiß, dass Prozesse hier bereits einen elementaren Kernbereich darstellen. Schon beim ersten Öffnen des Service Studios springen dem Benutzer neben „Interface„, „Logic“ und „Data“ die „Prozesse“ ins Auge. Alles unter einem Dach, um alle Anforderungen an die moderne Anwendungsentwicklung abzudecken.
Und genau diese enge Verzahnung von Prozessabläufen mit Screens, Businesslogik, Integrationen und einem zugrunde liegenden Datenmodell macht die Stärke der gesamten Plattform aus. Auch wenn OutSystems die Technologie als „Business Prozess Technology“ (BPT) bezeichnet und nicht explizit als BPM Engine platziert, so hat diese enge Verzahnung einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Plattformen zur Automatisierung von Prozessen: Die Anwendungen entstehenden ganzheitlich und nicht über verschiedene Werkzeuge oder Technologien verteilt. Als Beratungs- und Implementierungshaus mit Prozessen als einem unserer Schwerpunkte haben wir als agentbase über viele Jahre immer wieder schmerzlich feststellen müssen, dass so manche BPM-Produkte hervorragend die Abbildung und Ausführung von Prozessen ermöglichen, aber sich leider sehr schwer damit tun, ein ansprechendes und modernes UX/UI, wie es im neudeutsch heute heißt, zu liefern. Hier sind dann Parallelentwicklungen notwendig und die Reibungsverluste zwischen verschiedenen Werkzeugen und verschiedenen Teams sind vorprogrammiert.
OutSystens ist aus unserer Sicht hier deutlich besser. Wenn wir aber versuchen das Big Picture der Prozessentwicklung mit BPT Technologie zu zeichnen, so konnte man bisher unter ganz anderen Aspekten auch bestimmte Grenzen erkennen:
Herausforderung 1: Abdeckung vieler „kleiner“ Prozessanforderungen
Wenn man Prozesse implementiert, so kauft man damit immer einen ganzen Warenkorb klassischer Prozessanforderungen mit ein, so wie zum Beispiel:
- Delegation an andere Prozessbearbeiter
- Eskalation überschrittener Liegezeiten
- Ausnahmebehandlung bei Abwesenheit durch Urlaub, Krankheit oder Ähnliches
- Benachrichtigungen an Prozessbeteiligte
- Reservieren und Rückgabe von Teamaufgaben
- Festlegung individueller Liegezeiten
- Vergabe von Berechtigungen auf Prozesse und Aktivitäten und vieles mehr.
Selten gibt es Kundensituationen, in denen diese und weitere Standardanforderungen nicht früher oder später hochpoppen. Im schlimmsten Fall nach dem Going Live. Wir als Dienstleister setzen diese Standardanforderungen dann zwar im Rahmen der Projekte um, würden darauf aber gerne verzichten, wenn stattdessen die Plattform diese Möglichkeiten bieten würde.
Hier kommt jetzt das neue Case Management Framework (CMF) zum Tragen. Das CMF ist eine Erweiterung, die von OutSystems selbst erstellt wurde, gemanaged wird und über die Forge Plattform kostenlos zur Verfügung steht. Der Name ist aus meiner Sicht etwas fehlleitend, da es nicht nur ein umfassendes Case Management unter OutSystems ermöglicht, sondern den kompletten Prozessbereich deutlich aufwertet. Das Framework stellt all die Funktionen zur Verfügung, mit der man jetzt produktseitig nicht nur simple Abläufe umsetzen kann, sondern auch komplexe prozessbezogene Anforderungen, einschließlich der vielen „kleinen“ Besonderheiten (s. o.), die es bei Prozessen immer zu berücksichtigen gibt.
Herausforderung 2: Der Business User
Die technische Umsetzung von Prozessautomatisierungen setzt immer eine vorgelagerte, konzeptionelle Phase voraus, in der Prozesse zunächst als Ist-Prozesse aufgenommen, dann iterativ in verbesserte Soll-Prozesse überführt werden, ggf. über Prozesslandkarten systematisiert werden etc. Diese Phase erfolgt durch Berater oder Prozessanalysten, die eher keinen technischen Hintergrund haben und die für ihre Prozessbeschreibungen kein Service Studio verwenden, sondern Klassiker wie Microsoft Visio, Microsoft Excel oder – im besten Fall – Prozessdokumentationstools wie IBM Blueworks Live. Oft laufen diese Werkzeuge auch noch an der IT vorbei und es entsteht die viel beschworene Schatten IT in den Fachabteilungen.
Kommt es dann nach dieser Konzeptionsphase zur technischen Umsetzung, findet ein Bruch statt. Die Prozesse liegen in irgendwelchen DOC, PDF, JPG, PNG, oder direkt in Papierform vor und die Umsetzer der Prozessautomatisierung müssen bei der Implementierung bei null beginnen. Nicht selten, dass sich dann bei der Umsetzung der Prozesse herausstellt, dass die Prozesse – so wie sie aufgenommen wurden – gar nicht automatisierbar sind und man quasi von vorne beginnen muss.
An dieser Stelle greift der Workflow Builder ein. Der Workflow Builder ist eine Cloud basierte Lösung, die von OutSystems allen Kunden zur Verfügung gestellt wird. Sie verbindet sich mit einer Kundenumgebung, die ebenfalls in der Cloud, aber auch OnPremise vorhanden sein kann. Typischerweise ist dies die DEV Umgebung, so dass erstellte Prozesse gleich über ein 1-Click-Deployment getestet werden können ohne Schaden anzurichten oder interne Governance Verantwortliche die Haare raufen zu lassen.
Idee des Workflow Builders ist einem Business User / Citizen Developer / Business Analysten ein Tool an die Hand zu geben, mit dem er oder sie im Team selbst Prozesse modellieren kann. Hierzu legt er die folgenden Parameter eines Prozesses fest:
- Datenstruktur mit Datentypen, anhand derer vom Tool automatisch ein Screen für die Ausführung erstellt werden kann
- Prozessabläufe mit Vorgängen, Entscheidungen, Statusänderungen und Rücksprüngen
- Organisatorische Zuständigkeiten durch die Zuweisung von Gruppen definieren. Dies sind zunächst logische Gruppen und keine technischen / vorhandenen Gruppen.
Als Clou kann dieser Business User seinen Prozess dann mit einem Klick direkt auf dem verbundenen OS Server einrichten lassen. Auch Gruppen und Rollen werden vom System selbst erstellt. Sogar ein Testbenutzer je Gruppe wird erzeugt, so dass der Benutzer sich anhand der verschiedenen Rollen gleich selbst durch den Prozess leiten kann.
Dabei wird eine klassische OutSystems Applikation erzeugt, die zunächst aber nur durch den Workflow Builder geändert werden kann. Allerdings als klassische OutSystems Applikation in der Hand der IT liegt und als solche verwaltet und bei Bedarf über das „normale“ Staging in Produktion gebracht werden kann. Weiterentwicklungen / Änderungen über den Workflow Builder sind ebenfalls möglich.
Für eine runde Gesamtstory und um einen wirklich funktionieren Process Lifecycle zu realisieren, bietet der Workflow Builder eine spannende weitere Funktion: Wenn ein Reifegrad bei der Umsetzung eines Prozesses erreicht ist und die Möglichkeiten des Workflow Builders erschöpft sind, kann der Prozess in eine OutSystems Applikation mit offenen Design überführt werden! Die Anwendung kann dann von Low-Code Entwicklern eingesehen, angepasst und noch rund gemacht werden, dort wo es über den Workflow Builder nicht geht. Dies ist ein fundamentaler Unterschied und enormer Zeit- und Kostengewinn zu einer kompletten Neuentwicklung, die ein Low Code Entwickler ansonsten vornehmen müsste.
Mein Fazit
Mit den beiden Neuerungen Case Management Framework als funktionale Erweiterung und dem Workflow Builder als Werkzeug für Business User schließt sich für mich jetzt der komplette Kreislauf in der Prozessentwicklung. Die Umsetzung scheint mir gut gelungen und stellt kein fünftes Element in der Entwicklung dar, sondern reichert das bestehende vierte Elemente „Prozesse“ um notwendige Funktionen an.